Was assoziierst du mit Wildnis? Ist es Gefahr oder ist es Freiheit? Ist es ein Gefühl von „zurück zum Ursprung“, ein Gefühl von Heimat oder ein „allein sein im finsteren Wald“?
Die sogenannte Wildnis war ursprünglich die Heimat von uns allen. Wir waren tief mit der Natur verbunden. Sie war unser Zuhause, der Ort, der uns nährt. Wir lebten im Rhythmus der Jahreszeiten und verstanden uns als Teil des Kreislaufs.
Weißt du, wovon du dich „da draußen“ ernähren könntest?
Kennst du die Vogelstimmen und deren Warnrufe, wenn sich Gefahr nähert?
Weißt du, wo du am besten Schutz vor Kälte und Regen findest?
Kannst du Feuer machen ohne Hilfsmittel aus der Zivilisation?
Kommst du zur Ruhe? … Ich meine, wirklich zur Ruhe, … sodass du auch den „Plappermann“ in deinem Kopf nicht mehr hörst?
Wildnispädagogik heißt, sich selbst wieder mit der Natur zu verbinden. Selbst ursprüngliches Wissen wieder zu erlernen und dieses auch an andere weiterzugeben.
Wildnispädagogik ist keine einheitlich ausgerichtete Strömung der Pädagogik, auch wenn der Begriff dies suggeriert. Sie kann als Überlebenstraining für Katastrophen- und existenzielle Notsituationen oder als Entdecken der „kleinen Wildnis vor der eigenen Haustür“ interpretiert werden.
Eine gewisse „Wildnisfähigkeit“ kann ebenso wertvoll für die Ausbildung von militärischen Spezialeinheiten sein, wie auch für jeden Menschen individuell. Selbstdisziplin, Leidensfähigkeit und Handlungskompetenz helfen ein „sich selbst ausgesetzt sein“ als werterfüllt erfahren zu können.
Sich auf das Wesentliche reduzieren, seinen Grundbedürfnissen auf die Spur kommen und die Fähigkeit zum Alleinsein, können ein Weg zum erfüllten „Bei-sich-Sein“ sein.
Wildnispädagogik in Wildnisschulen
Eine weitere Prägung des Begriffs Wildnispädagogik fand maßgeblich durch die Wildnisschulen statt, die seit ca. Anfang 2000 Jahre selbige Ausbildung ins Leben gerufen haben. Diese verbindet das Anliegen Achtsamkeit, Wertschätzung und Dankbarkeit der ursprünglichen Natur (und dem Leben im Allgemeinen) entgegenzubringen, oder besser gesagt: wiederzuerlangen. Das Verstehen von komplexen Zusammenhängen von ökologischen Systemen, sowie die generelle Verbundenheit von Mensch und Natur sowie Mensch und Mensch ist Grundlage dafür. Sie stützen sich auf überliefertes Wissen von untergegangenen oder noch existierenden Naturvölkern.
Aus den Lehren des nordamerikanischen Ureinwohners Stalking Wolf kann u.a. das sogenannte „Coyote Teaching“ Teil des Konzepts sein: Coyote Teaching als eine besondere Form der Wissensvermittlung; der/die Ausübende versteht sich als Mentor/Mentorin, als sogenanntes Vorbild für die Schüler. Leidenschaft und Begeisterung vorausgesetzt.
Durch einerseits akademisches Lernen (Artenkenntnis, Journale führen, mit Naturführern und anderen Büchern arbeiten) soll dieser ursprüngliche Blick auf die Natur und ein respektvoller Umgang mit ihr erlernt werden.
So ist Teil des (Über-)Lebenstraining in der Natur das erlangen von mentalen sowie handwerklichen Fähigkeiten. Denn:
Wenn jemand wirklich tief mit der Natur vertraut ist, lebt er auch in Einklang mit ihr und kann Heimat in ihr finden.
Wissen und die Kompetenzen, die im Sammelbegriff Wildnispädagogik der Wildnisschulen zusammengefasst sind, können im u.a. sein:
- Fähigkeiten in der Wildnis zu leben und vertraut werden mit natürlichen Gefahren
- Wissen über Säugetiere und die Kunst des Fährtenlesens
- Kennenlernen und Gebrauch von Pflanzen und Orientierung im Gelände
- Verständnis von ökologischen Zusammenhängen, Gemeinschaft und Gemeinwesen
- Wissen über Bäume und die Kunst zu überleben
- Kennen lernen der Vogelsprache und Trainieren von Aufmerksamkeit und Bewusstheit
- Die Kunst von Natur-Mentoring
Links Berufsbegleitende Weiterbildung "Wildnispädagogik" über den Nationalpark Kalkalpen in Kooperation mit der Wildnischule Wissen Jon Young: Zuhause in der Natur – Mit anderen Augen sehen. MP3, Adler Verlag